Ein „Hack“ war ursprünglich ein Ausdruck für journalistisches Arbeiten mit unorthodoxen Mitteln. Dies übertrug sich dann auf den Bereich der Datenverarbeitung, denn seit jeher waren die Programmierer gefordert, Umwege zu machen und kreative Lösungen zu entwickeln, um mit den Begrenztheiten von Programmiersprachen, Betriebssystemen und Hardware-Ressourcen wie z. B. Speicherplatz fertig zu werden. Analysiert man Hacking als grundlegendes, verallgemeinertes Arbeitsprinzip, so lassen sich vor allem die sechs folgenden Charakteristika identifizieren:

Erstens, Hacking stellt auf Orientierung und Desorientierung ab. Es geht um die Erkundung eines fremden Systems, um sich darin zurechtzufinden; und es geht darüber hinaus darum, eine bewusste Desorientierung bzw. neue Orientierungen in dieses System einzuführen. Diese Re-Orientierungen werden meist durch eine Umcodierung bewerkstelligt. Hacker können so – via Störung – zur Ausbildung neuer Strukturen beitragen; oft sind sie Anlass für neue Figurationen, ohne dass sie deren Gestalt bereits genau vorgeben.

Zweitens, das Ineinanderaufgehen von Ernst und Spiel. Hacking lässt sich nicht auf eine Provokation oder eine Pose distanzierter Ironie reduzieren. Im Gegensatz dazu weist Hacking als typische Kennzeichen des eigenen Arbeitsprozesses zugleich ernstes Spiel und spielerischen Ernst auf und trägt damit Züge von Postironie.

Zu diesem Spielerischen gehören, drittens, insbesondere Attitüden des Bastelns (Bricollage). D. h. die Vorgehensweise des Hacking ist experimentell, beliebt sind Strategien der Zweckentfremdung, unter anderem die Kombination von high-tech- und low-tech-Elementen oder ein Basteln mit Tools, die für den jeweiligen Zweck gar nicht entwickelt worden waren. Und als experimenteller Zugriff äussert sich Hacking primär performativ, d. h. es realisiert sich über seine eigene Praxis.

Darüber hinaus bedeutet Hacking, viertens, oftmals auch die Rückführung auf eine ursprüngliche Zweckbestimmung – insbesondere, wenn die Ursprungsidee offensichtlich aus dem Blickfeld geraten ist – und womöglich sogar ein Plädoyer für deren Radikalisierung.

Fünftens, Hacking produziert experimentelle Versuchsanordnungen für eine kalkulierte und präzise Intervention ins System, auch wenn sie aus Sicht des Systems „irregulär“ oder „unfachmännisch“ erscheinen mag. In Wahrheit ist eine solche Intervention eher eine künstlerische.

Und, sechstens, schliesst Hacking die Kreation und Dissemination von Viren ein. In diesem Zusammenhang kommen vor allem die Strukturen und Charakteristiken eng vernetzter Kommunikationsmedien zum Tragen. Hacking verquickt letztlich die Strategien der Simulation und Dissimulation aus den 80er Jahren mit den Strategien der Vernetzung aus den 90ern.

Fasst man diese Charakteristika zusammen, ist kulturelles Hacking so etwas wie die logische Fortsetzung der sogenannten „Kunst des Handelns“, die Michel de Certeau einst so sinnfällig beschrieben hat. Doch anders als bei de Certeau, der die Alltagspraktiken der Konsumenten eher als taktisch ansah, gewinnt kulturelles Hacking, wird es denn konsequent und professionell angewendet, strategische Dimension.

(…) Es existiert also ein wesentlicher – und oftmals nicht verstandener – Unterschied zum Komplex des sogenannten „Culture Jamming“ und der „Kommunikationsguerilla“, welche sich noch an althergebrachten Konfliktlinien abarbeiten: Es geht nicht darum, lediglich Kritik zu formulieren, Widerstand zu leisten oder den Gegner blosszustellen, sondern das Ziel besteht in der Schaffung einer Innovation. Die Rolle von Subversion wandelt sich also vom Ziel zum Mittel – genauer gesagt: einem (präferierten) Mittel – zur Realisierung notwendiger Innovationen.

Literatur: Düllo, Thomas.; Liebl Franz (Hg.): Cultural Hacking: Kunst des Strategischen Handelns; Wien/New York 2005.