Interessanter Artikel zu Protestaktionen im Mietsektor auf Spiegel Online.

Eine kleine Vorhut checkt die Lage, dann kommt der Rest mit Masken und Perücken: Protestierer mobilisieren gegen Mietwucher und verwandeln Wohnungsbesichtigungen in Partys mit Musik und Polonaisen.

© Spiegel Online, 2010.

San Keller an der Straße, auf dem Weg zum ersten Ziel "Romeneena", 31.08.2010.

Stefanie Trojan: "Öffentliche Toilette", Intervention im Stadtraum Essen, 2010.

Der Begriff Toilette leitet sich vom französischen toile, toilette ab, dem Tuch bzw. kleinem Tuch, mit dem man sich für seine Notdurft von der Umgebung abschirmte.

Öffentliche Toiletten Anlagen gab es in Form von Latrinen bereits 2800 v. Chr. In Mesopotamien. Die Römer hatten ebenfalls ein ausgeklügeltes Toilettensystem. In ihren Latrinen erhoben sie sogar eine Urinsteuer, da der aus Urin gewonnene Amoniak zum Gerben der Stoffe benutzt wurde. Im Mittelalter jedoch ging das Wissen um Abwassersysteme wieder verloren. Die Notdurft wurde in engen Gassen verrichtet oder auf die Strasse gekippt. Erst im 17 und 18 Jh. wurden aufgrund unzureichender Hygienischer Verhältnisse und zunehmendem Gestank wieder öffentliche Toiletten errichtet.

Heutzutage werden öffentliche Toiletten wieder geschlossen, und der Gestank nimmt wieder zu. Vermehrt wird man gezwungen in die Büsche zu springen, unfreundliche Restaurantbesitzer tun noch ihr Übriges.

Das natürliche Bedürfnis wird ausgeklammert, Keiner fühlt sich dafür zuständig, will weder die Kosten tragen, noch die Reinigung übernehmen. Es wird davon ausgegangen, dass jeder Zuhause eine Toilette hat und somit keine öffentlichen Anlagen in Anspruch nehmen muss. In Zeiten zunehmender Mobilität wird es aber wieder notwendig die öffentliche Toilette aufzusuchen.

Gerade im Ruhrgebiet ist es normal zwischen Wohn- und Arbeitsstätte einen Weg zurückzulegen. Auf dem Weg wird noch das Nötigste erledigt, Einkaufen, Essen, Trinken, evtl. noch Freunde getroffen. Ist es da nicht komisch, dass gerade am Bahnhof in Essen unzählige Schnellbistros ihre Ware Feilbieten, die Erledigung der Notdurft aber zentralisiert wurde und mit 70c bezahlt werden muss.

Auch in Regionalzügen verzichtet man mittlerweile auf eine öffentliche Toilette. Zustände wie man sie sonst in fremden Ländern beschimpft. Ein oft gebrauchtes Argument des Wegfalls öffentlicher Toiletten ist der Missbrauch, Zunehmende Kriminalität, die zu mangelnder Sauberkeit führt. Vielleicht sollte man noch mal darüber nachdenken, wie eine öffentliche Toilette zeitgemäß gestaltet sein müsste. In Deutschland regeln die Bauordnungen der Länder den Bau von Toiletten. Weitere Vorschriften finden sich im Gaststättenrecht.

Eine Reaktion auf den Toiletten Schwund ist die NETTE TOILETTE, eine von Händlern oder Gastronomen zur kostenlosen öffentlichen Nutzung bereitgestellte Toilette, die von der örtlichen Stadtverwaltung mit einer Aufwandsentschädigung bezuschusst wird.

 

Stefanie Trojan schrieb am 31. August 2010, um 11.19 Uhr:

Am HBF trinke ich noch einen Kaffee. Dann möchte ich nach Essen Steele fahren. Habe mal wieder das Ticket vergessen und muss noch mal raus aus dem Bahnhof um eines zu kaufen. Wirklich ärgerlich, dass es weder im Shop Bereich noch auf den Gleisen einen Fahrkartenautomat gibt. Eine Frau hilft mir beim einsteigen. Ein Junge nicht älter als 9 beim aussteigen. Neugierig erkundigt er sich nach meinem Baby. Ich bin überrascht wie aufmerksam dieser kleine Junge ist.

Auf dem Weg zum Kaiser-Wilhelm-Platz passiert endlich was ich mir seit Tagen wünsche.

Ein Mann spricht mich an mit den Worten: „Ich habe sie schon neulich am Bahnhof gesehen. Jetzt muss ich sie doch mal fragen was das ist?“ Ich sage, dass ist eine öffentliche Toilette. Wir unterhalten uns ca. 30 Minuten. Er pflichtet mir bei, hält die Situation der öffentlichen Toiletten für ein Desaster, ärgert sich über die öffentlich Toilette am Kaiser-Wilhelm-Platz die 50cent koste aber trotzdem in schlechtem Zustand ist. Als ich mir diese Toilette später anschauen will, stelle ich fest, dass sie nicht mehr in Betrieb ist.

Der Mann freut sich, meint er habe sich gleich gedacht, dass ich mit meinem Baby nicht einfach so mit einer Toilette unterwegs sei. Er findet meine „Demonstration“ mutig.

Ich gehe weiter in die Fußgängerzone von Steele. Die Zeugen Jehovas sprechen mich an, …früher hat man mal ein Hündchen spazieren geführt. Heute ist es eben eine öffentliche Toilette. Ich ernte ordentlich Aufmerksamkeit. Das Kopfsteinpflaster tut das Übrige. Ich benutze mein Klo am Marktplatz. 3 Jugendliche Mädchen schmeißen sich weg vor lachen. Ein Paar mit Hund geht peinlich berührt weiter.

Ich schlendere weiter. Gegen 14 Uhr nehme ich die S- Bahn zurück zum Bahnhof. Dort genehmige ich mir ein paar Asia Nudeln und trinke dann noch einen Saft,

Diesmal benutze ich meine Toilette im Außenbereich des Bahnhofs und ernte Kopfschütteln.

Im Stadtgarten tanke ich noch etwas Sonne und gehe dann noch mal – zum Abschied –auf die Rüttenscheider Strasse. Ich genieße fast die Blicke die mir zugeworfen werden.

Um 15.19 bin ich wieder im Museum und beende meine Aktion.

“From an unknown source” via Youtube.

Georg Winter am Kopstadtplatz, Essen. Fotos: Patrick Presch.